Dieser Blogartikel bezieht sich auf meine Podcastepisode #32. Kannst Du hier gleich anhören:
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von letscast.fm zu laden.
Status erleben, verstehen, verändern:
learnings aus meinem Gespräch mit Dr. Sebastian Hümbert-Schnurr
Ich erinnere mich noch sehr genau an meinen ersten Clowntheater-Workshop. Die Aufgabe: als Königin stehen, gehen, sich bewegen. Ich weiß noch, wie sich das anfühlte, auf diese Weise Hochstatus zu spielen: mit aufrechtem Gang, mit direktem Blick, souveräner Gestik und Mimik.
Jahre später sitze ich zusammen mit Dr. Sebastian Hümbert-Schnurr, seines Zeichens Physiker, Theaterpädagoge, promovierter Pädagoge, systemischer Coach, Familienvater und jemand, der das Thema Status in verschiedener Hinsicht durchleuchtet hat.
Worum geht es bei Thema „Status“? Es ist subtiler, lebendiger und näher an Deinem Alltag dran, als Du vielleicht denkst.
Was ist Status? Theater trifft Coaching
Sebastian führt mich und damit auch Dich direkt an den Ursprung des Konzepts: das Improvisationstheater. Dort ist Status ein ständiges Wechselspiel: Wer führt? Wer folgt? Wo kippt das, wo verändert es sich? Übertragen auf unseren Alltag bedeutet das: Jeder von uns ist ständig in irgendeiner Form von Hoch-, Mittel- oder Tiefstatus unterwegs – ob im Berufsleben, in der Familie oder beim Einkaufen.
Spannend ist der dreistufige Blick auf Status, den Sebastian einführt:
- Rollenstatus – Die Position, die Du im sozialen Kontext einnimmst (zum Beispiel Führungskraft, Kolleg:in, Elternteil)
- Äußerer Status – Das Verhalten, das Du zeigst (zum Beispiel: aufrecht gehen, Zeit und Raum einnehmen, Blickkontakt suchen = Hochstatus; Blick senken, sich klein machen, hastige Bewegung = Tiefstatus)
- Innerer Status – Dein ganz persönliches Erleben: Bist Du voller Selbstvertrauen? Oder fühlst Du Dich gerade überfordert, klein, am liebsten unsichtbar?
Alle drei Ebenen wirken zusammen. Ein Beispiel aus dem Coaching-Alltag: Eine Führungskraft sollte qua Rolle im Hochstatus sein, aber wenn sie innerlich verunsichert ist, wird das auch nach außen spürbar. Es kann - das betont Sebastian - auch ein Teammitglied „das Spiel anführen“ und einen Hochstatus übernehmen.
Kleine Geste, große Wirkung
Woran erkennst Du Status im Alltag?
Versuch’s mal als Experiment:
Du gehst durch eine volle Einkaufsstraße. Geh mit aufrechter Haltung, geraden Schultern, ruhigem Schritt, halte Blickkontakt mit den Menschen um Dich herum. Was passiert? Die meisten machen Dir Platz, Du fühlst Dich plötzlich präsent.
Dann die Gegenprobe: Lass die Schultern hängen, weiche jedem Blick aus, schlurfe beinahe. Plötzlich bist Du unsichtbar, wirst vielleicht sogar angerempelt.
Dieses kleine Experiment zeigt, wie der äußere Status unser Erleben – und die Reaktion unserer Umwelt – beeinflussen kann.
Doch Vorsicht: Nicht jede Hochstatusgeste ist gleichzusetzen mit innerer Stärke. Wer Hochstatus spielt, aber innerlich im Tiefstatus steckt, wirkt schnell unecht, vielleicht sogar abweisend oder aggressiv.
Thema im Coaching kann daher sein, nicht nur die äußere, sondern auch die innere Haltung ins Bewusstsein zu holen und zu stärken.
Statusarbeit im Coaching
Im Coaching oder in Workshops nutze ich selber das Statuskonzept mittlerweile sehr gerne. Es kann persönliches Erleben und die eigene Wirkung, Konflikte, Unsicherheiten oder auch eingefahrene Muster erklärbar machen. Wir analysieren gemeinsam: Wer nimmt welchen Status ein? Wie fühlt sich das an? Welche Bedürfnisse stecken dahinter? Was will ich ausprobieren?
Dann kann es praktisch werden, zum Beispiel mit Perspektivwechseln oder kleinen Impro-Übungen. Wie verändert sich die Dynamik, wenn Du bewusst mal „hoch“ oder „tief“ agierst? Wie wirkt der innere Status auf den äußeren und umgekehrt? Wie der Deines Gegenübers auf Dich?
Das kann richtig lustig, manchmal herausfordernd, oft aber augenöffnend sein.
Für mich persönlich ist einer der Gamechanger in der Statusarbeit die Erlaubnis, zu spielen! Sich ausprobieren, neue Verhaltensweisen in einem sicherem Rahmen testen, bevor Du sie im "echten" Gespräch nutzt. So entstehen echte Aha-Momente: „Ah, wenn ich so auftrete, dann könnte das so wirken“. Anschließend berichten Klient:innen, sie hätten plötzlich anders, klarer, vielleicht sogar humorvoller, auf eine schwierige Situation reagieren können.
Statusarbeit für Deinen Alltag
Du musst kein:e Coach sein, um das zu nutzen.
Beobachte im nächsten Meeting, wer den Raum füllt – und wie. Nimm wahr, wie sich dein eigener innerer Status anfühlt. Und wenn Du magst, wage das Experiment in der Fußgängerzone. Vielleicht zu zweit: die eine Person probiert aus, die andere beobachtet. Das ist nicht nur aufschlussreich, sondern macht auch Spaß.
Fazit: Statusarbeit ist ein sensibles, lebendiges Instrument für achtsame, bewusste Kommunikation – mit Dir selbst und anderen. Es gibt nicht den „richtigen“ Status - es gibt unzählige Möglichkeiten, mit kleinen Veränderungen große Veränderungen zu initiieren.
Probier’s aus. Als König:in oder Diener:in in Deinem Alltag.
Oder ganz Deiner selbst bewusst als Hofnärr:in – aber darüber sprechen wir an anderer Stelle 🙂
Hier findest Du Infos zu meinem Interviewgast Dr. Sebastian Hümbert-Schnurr.
Wenn Du tiefer in diese Themen einsteigen möchtest und Lust auf eine fundierte, zertifizierte Coachingausbildung hast auf Sylt - dann klick hier: