Dieser Artikel bezieht sich auf Episode 11 meines Podcasts.
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Warum Du mit dem Loben aufhören solltest – und was Du stattdessen tun kannst
Stell Dir vor, eine Mitarbeiterin sagt: „Toll Chef, dass Sie heute wieder pünktlich zur Arbeit gekommen sind!“ Klingt schräg, oder? Warum und was es damit zu tun hat, dass Loben nicht von unten nach oben funktioniert, zeig ich Dir in diesem Blogartikel.
Warum ich kein Fan von Loben bin
Es wird ja oft gesagt, dass wir „viel mehr loben“ müssen. Aber ich bin anderer Meinung. Für mich hat Loben eine problematische Dynamik.
Das Machtgefälle
Loben fixiert ein "Von-oben-nach-Unten". Es ist klar, wer die „Macht“ in der Beziehung hat: „Gut gemacht, Fräulein Müller, schön dass sie so fleißig waren!“ Was kommt da rüber? Dass Fleiß zur Jobbeschreibung gehört? Der oder die Lobende bleibt oben, die andere Person wird letzendlich herabgewürdigt – auch wenn das möglicherweise nicht die Absicht ist.
Unaufrichtigkeit
Ein weiteres Problem: Loben wird nicht selten strategisch eingesetzt. Es wird verwendet, um eine bestimmte Verhaltensweise zu fixieren und so in gewisser Weise zu manipulieren. Der Subtext heißt: „Mache das auch beim nächsten Mal genauso“. Gerade im Arbeitskontext hat das einen schalen Beigeschmack.
Das Reinszenieren von Eltern-Kind-Dynamiken
Vielleicht kennst Du die Situation, in der der Chef oder die Chefin fast automatisch in eine Art Elternrolle rutscht, während die Mitarbeitenden sich eher wie Kinder fühlen. Dieses unbewusste asymetrische Verhalten wird durch Loben verstärkt: „Ich sage Dir, was Du gut machst. Ich bestimme, ob es richtig oder falsch war.“ Das nimmt der "gelobten" Person ihre Eigenständigkeit.
Die bessere Alternative: Wertschätzung auf Augenhöhe
Im letzten Blogartikel habe ich betont, wie wichtig es ist, gesehen zu werden. Wenn Loben aber nicht so richtig gut ankommt - was kann man dann stattdessen tun? Die Antwort lautet: drücke echte Wertschätzung statt ein "Lob".
Was bedeutet Wertschätzung?
Wertschätzung unterscheidet sich grundlegend vom klassischen Lob. Es geht nicht darum, die Leistung der anderen Person zu bewerten, sondern sie wahrzunehmen und anzuerkennen. Beispiel:
- Lob: „Gut gemacht, Du hast das Projekt rechtzeitig fertiggestellt.“
- Wertschätzung: „Ich finde es beeindruckend, wie Du das Projekt so schnell fertiggestellt hast. Ich hätte das vermutlich nicht so effizient hinbekommen.“
Zusätzlich zur Wortwahl kommt es natürlich auch auf den Tonfall an, beides drückt die dahinter stehende Haltung aus. Wertschätzung basiert auf Augenhöhe. Ich-Botschaften machen deutlich, dass Deine Wahrnehmung persönlich gemeint ist und auf Deinem subjektivem Eindruck beruht – ohne die andere Person in eine passive Rolle zu drängen.
Warum macht das mehr Sinn?
Wenn wir uns auf Augenhöhe wertschätzend äußern, stärken wir die Eigenständigkeit und die (Selbst-)Verantwortung des Gegenübers. Wir fördern Innovation und Lust auf Kreativität im ganzen Team bzw. langfristig in der ganzen Organisation.
Es entstehen weniger Ambivalenzen, die Botschaft kommt klar rüber: „Ich sehe Deine Arbeit, und sie beeindruckt mich.“ Dieses Signal baut eine Verbindung auf, das tut beiden Seiten gut.
Achtung, Eltern-Kind-Falle!
Im Arbeitsalltag passiert es oft unbemerkt: Die Hierarchien in Unternehmen verleiten dazu, in eine Art Eltern-Kind-Beziehung zu rutschen. Der Chef wird zum „strengen Vater“, die Mitarbeiterin zur „braven Tochter“. Die Vorgesetzte zur der Person, die es "besser weiß", der Beschäftige zu dem, dem man etwas beibringen möchte. Das fühlt sich für Menschen, die sich als selbstverantwortlich verstehen, unangenehm an – und macht kreative oder innovative Ideen zu entwickeln schwieriger.
Wertschätzung auf Augenhöhe vermeidet diese Falle. Sie bestärkt eine erwachsene, gegenseitig respektvolle Beziehung.
Ein praktisches Beispiel
Nehmen wir noch einmal "Frau Müller":
- Statt zu sagen: „Das war aber mal innovativ, was Sie da gemacht haben“ (Übersetzt: „Wieso arbeiten Sie nicht immer so?“),
- könntest Du sagen: „Wow, Ihre Idee war ein echter Gamechanger. Das hat unser Team wirklich vorangebracht!“.
Die Wirkung ist vermutlich eine ganz andere. Wertschätzung vermittelt nicht nur Respekt, sondern kann auch die Lust zum Weitermachen stärken – auf eine Art, die das Gegenüber wirklich erreicht.
Wertschätzung im Alltag – für eine bessere Unternehmenskultur
Vielleicht kennst Du meinen Ansatz über Coaching in seinen verschiedenen Aggregatzuständen: hier geht es um Coaching im Zustand der Gasförmigkeit.
Das Prinzip gilt jedoch nicht nur bei der Arbeit. Wertschätzung kannst Du überall schenken: im Freundeskreis, in der Familie oder beim Einkauf an der Kasse. Ein kleiner Kommentar wie „Das haben Sie jetzt aber schnell eingescannt, Respekt“ bringt Euch beide zum Lächeln.
Je mehr wir uns gegenseitig wertschätzen, desto positiver wird unser Miteinander. Gerade in Unternehmen kann das langfristig die gesamte Unternehmenskultur prägen. Stell Dir eine Umgebung vor, in der sich alle auf Augenhöhe begegnen und für ihre Arbeit gesehen werden. Ein Traum. Mach ihn wahr!
Fazit: Wertschätzen auf Augenhöhe statt "Loben"
Wenn Du also das nächste Mal in Versuchung gerätst, jemanden zu loben, halte kurz inne und frag Dich, in welcher Haltung Du Deinem Gegenüber grad begegnest. Bin ich auf Augenhöhe oder rutsche in in ein "Von-oben-nach-Unten?" Kann ich mich auf Augenhöhe begeben und von dort aus meine Wertschätzung äußern? Es mag am Anfang ungewohnt sein, aber es lohnt sich – für Dich, für die Beziehung und für die gesamte Umgebung.
Wenn Du weitere Themen rund um Coaching und Kommunikation spannend findest, hör in meinen Podcast "Eindeutig Coaching" rein.
PS: Wenn Du vor einer Entscheidung stehst - wenn Du klären willst, wie es für Dich weitergeht - wenn Du Deine Gedanken sortieren möchtest - dann komm zu uns an Meer.
Lass Dir den Wind um die Nase wehen und komm Dir selber mit kreativen Methoden auf die Spur.
Gönn Dir ein Auszeit-Coaching auf Sylt – ein Geschenk an Dich selbst, um zu schauen, was in den Flügeln Deines Lebens noch so wartet.
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Ich freu mich auf Dich.