Dieses ist ein Blogartikel aus dem Jahr 2015 - jetzt, 2025, vollständig überarbeitet. Hör Dir dazu meine Podcastepisode #29 an:
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Wie das WIE alles verändert
Du sitzt in einem großen Saal.
Viele Menschen, ganz vorne die Redner:innen. Lauter Expert:innen mit Wissen und Erfahrung. Erst kommen die Vorträge - dann eine Podiumsdiskussion - zum Schluss (je nach dem wieviel Zeit bleibt) die Gelegenheit für Fragen.
Du spitzst Deine Ohren und lauscht den Vorträgen, den Gesprächen - sagen wir zum Thema Beteiligung, Partizipation, Mitbestimmung.
Alles klingt logisch, es gibt viele nützliche Tipps und mitreißende Inhalte.
Und trotzdem fühlst Du Dich am Ende müde, unsortiert und .... unbeteiligt.
Du wirst zum Thema Beteiligung berieselt, fragen darfst Du vielleicht zum Schluss – wenn die Zeit reicht. Gefühlt bist Du passiv, Konsument:in, nicht Subjekt des Geschehens.
Das Ergebnis? Ein widersprüchlicher Eindruck.
Wir verstehen das Was durch die Brille des Wie.
Wir kennen das auch aus anderen Zusammenhängen.
Scheinbar tadelnde Worte - mit leicht zugekniffenen Augen und einem Grinsen ausgesprochen - können als Kompliment gemeint und entsprechend verstanden werden. Eine scheinbar demokratische Gesinnung, als Hetze gegenüber Andersdenkenden vorgetragen, kehrt ihre möglicherweise gute Absicht ins Gegenteil.
Ebenso geschieht es im (Weiter-) Bildungsbereich, egal ob in der Schule, der Uni, der politischen Bildungsarbeit oder im Unternehmenskontext: Bildungsinhalte zum Beispiel über Selbstbestimmung und Eigeninitiative oder modernes Führen und symmetrische Kommunikation, die als Frontalunterricht übermittelt werden, konterkarieren sich selbst.
Es kommt zudem nicht darauf an, dass Du als Teilnehmer:in irgendwie beteiligt wirst, sondern wie Du beteiligt wirst. Wie ernst man Dich nimmt und als wie konstitutiv für das Gelingen Deine Teilnahme gewertet wird.
Egal wie ausgefeilt ein Vortrag ist, wie gut präsentiert, wie lebendig und kreativ: wenn Du nur als "Publikum" wahrgenommen wirst und von oben nach unten "belehrt", lernst Du vor allem eins: zu konsumieren was man Dir vorsetzt, brav zu zuhören, passiv Informationen zu empfangen und zu applaudieren.
Wenn Du mit dem Gesagten nicht einverstanden bist, bleibt Dir nur die Stirn zu runzeln und den Kopf zu schütteln, und wenn sich die Gelegenheit dann doch noch ergibt, zum Mikrofon zu greifen und einen Wortbeitrag zu leisten.
Wirkliche Gedankensprünge und neuartige Erkenntnisse sind in solch einem Setting extrem unwahrscheinlich. Egal um welches Thema es geht.
Warum Inhalte allein nicht zählen
Es genügt nicht, großartige Inhalte zu präsentieren, wenn das „Wie“ – also die Art und Weise, wie Du das Ganze gestaltest – nicht dazu passt.
Egal, ob in Workshops, Bildungsveranstaltungen, Konferenzen oder Meetings: die Wirkung einer Veranstaltung hängt maßgeblich vom Setting, der Methodik und der Beziehungsebene ab.
So viel lernen wir allein durch die Atmosphäre, Formate und Methoden. Ganz unabhängig von den Inhalten oder im Gegensatz zu ihnen. Das Menschenbild der Akteur:innen und deren Ziele - ob bewusst formuliert oder nicht - zeigt sich in der Wahl des Wie.
Wir erinnern uns an Paul Watzlawick und sein zweites kommunikationstheroretisches Axiom: jede Kommunikation hat eine Inhalts- und eine Beziehungsebene, wobei die Beziehungsebene entscheidet, wie der Inhalt ankommt. Du kannst nicht nicht kommunizieren (Axiom 1) – und sogar, wenn Du nur „ein bisschen zuhörst“, wird deutlich, welche Beziehung zwischen den Teilnehmenden und den Vortragenden herrscht. Fühlst Du Dich als Teil des Prozesses? Oder wirst Du bloß bespielt?
Ich habe für Dich 10 Impulse für entspannte und wirksame Workshops zusammen gestellt. Kannst Du hier bestellen - und Dich gleichzeitig für meinen Newsletter anmelden. Mit der Bestellung akzeptierst Du unsere Datenschutzhinweise.
Das Wie formt das Was
Wenn Du eine Beteiligungskultur fördern willst, muss das „Wie“ Deiner Veranstaltung Beteiligung ermöglichen.
Das heißt: wähle interaktive Methoden, fördere echten Austausch und sorge von Anfang an für Verbindungen - zwischen den Menschen und zwischen Mensch und Thema. Das funktioniert beispielsweise durch kreative Methoden, Gruppenarbeiten, offene Diskussionsformate, spielerische Elemente.
So werden nicht nur Wissensinhalte transportiert, sondern eine echte Erfahrung geschaffen – und genau das bleibt hängen.
Es gibt inzwischen sehr viele erprobte Formate für verschiedenste Veranstaltungsformen, die alle Beteiligten als Akteure verstehen.
Wenn wir wirklich Demokratie und reflektierte Selbststeuerung wollen, sollten wir sie flächendeckend nutzen, nicht nur in Ausnahmesituationen. Die dahinter stehenden Erkenntnisse der Erwachsenenbildung sind viele Jahrzehnte alt.
Dein Fazit für die Praxis
Wenn Du das nächste Mal eine Veranstaltung planst, frage Dich:
- Welche Ergebnisse möchtest Du wirklich erzielen?
- Wie willst Du, dass sich Deine Teilnehmenden fühlen?
- Welche Arbeitsformen unterstützen dieses Ziel und welche hindern eher?
- Wie lassen sich Inhalte und Methoden so kombinieren, dass sie Deine gewünschte Wirkung entfalten – und nicht eine unbewusste Gegenerfahrung kreieren?
Auch wenn Du jetzt ein Thema hast, das für Dich fachlich sonnenklar ist: plane bewusst das „Wie“ Deines Meetings oder Workshops. Denn die entscheidenden Erlebnisse entstehen nicht nur im Kopf – sondern im gemeinsamen Tun.
Wenn Du für Deine nächsten Veranstaltungsplanung Unterstützung gebrauchen könntest, lade ich Dich herzlich ein, eine WorkshopSprechstunde zu buchen: gemeinsam besprechen wir alle Aspekte von der Planung bis zur Durchführung.